Eine Schnecke auf ihrem Weg

Memoiren einer Schnecke

Gedanken zu einem Sneak-Preview-Film

Eine Schnecke auf ihrem Weg
Abb.: Eine Schnecke auf ihrem Weg (Foto: Pexels, gemeinfrei)

Lesezeit: ca. 5 min

Eine zutiefst berührende Rückschau auf ein Leben voller Widrigkeiten, Hindernisse und Talsohlen zwischen verzagter Ergebenheit und ersehntem Hoffnungsschimmer mit dem steten Blick nach vorne. Dies umreißt den Kern dieses außergewöhnlichen Stop‑Motion‑Dramas von Adam Elliot, dessen empathischer Blick für Schrulligkeit und Tragik längst Kultstatus hat.

Was hier auf den ersten Blick wie ein illustriertes Märchen wirkt, entpuppt sich als tief empfindsames Porträt einer Außenseiterin, das weit jenseits aller Genre‑Grenzen operiert. Unter der Oberfläche des Holzschnitt‑Charmes und der scheinbaren Naivität florieren Themen wie Trauma, Verlust, Zugehörigkeit und der unbedingte Imperativ zu leben – weit weit entfernt von seichter Familienunterhaltung.

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Wegweiser auf dem Südwestküstenpfad in England

Der Salzpfad

Gedanken zu einem Sneak-Preview-Film

Wegweiser auf dem Südwestküstenpfad
Abb.: Wegweiser auf dem Südwestküstenpfad in England (Foto: Wikimedia Commons, Geof Sheppard, CC BY-SA 3.0)

Lesezeit: ca. 6 min

Was bleibt vom Leben, wenn die äußeren Sicherheiten verloren gehen? Wenn der Körper versagt und der Zufall seine kalte Hand auf die eigene Existenz legt? Der Salzpfad, die Verfilmung des autobiographischen Romans von Raynor Winn, geht diesen Fragen nicht mit Pathos oder Larmoyanz nach – sondern mit einer stillen, unsentimentalen Würde, die sich wie eine salzige Brise durch jeden Bildausschnitt dieses ungewöhnlich intimen Roadmovies zieht.

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Ein Mann und eine Frau sitzen Hand in Hand vor einem Werk von Piet Mondrian

The Assessment

Gedanken zu einem Sneak-Preview-Film

Ein Mann und eine Frau sitzen Hand in Hand vor einem Werk von Piet Mondrian
Abb.: Aquarell von Mia und Aaryan vor einem abstrakten Glasfenster (Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: ca. 8 min

„Wer ein reiches und volles Los seiner Tage begehrt und sich nicht bescheidet mit rechtem Maß ist ein Blinder! Ich will es ihm deuten in meinem Gesang mit Klarheit. Denn manch finsteres Wetter türmt um das altersgebleichte Haupt unheilschwanger sich aus!
Es schöpft niemals lautere Freude wer zu heiß das Leben liebt; er kennt nicht den letzten Tröster. Während Moira steigt aus Hades’ Nächten ohne Brautlied, Tanz und Leier, naht der Tod uns, heilend alle Trübsal!
Nicht geboren zu sein, o Mensch, ist das höchste, das größte Wort. Doch wofern du das Licht erblickst, acht’ als Bestes dahinzugehn wieder, von wannen du kamst, im Flugschritt!“
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Niki de Saint Phalle im Stedelijk Museum, 1967

Niki de Saint Phalle

Gedanken zu einem Sneak-Preview-Film

Niki de Saint Phalle im Stedelijk Museum, 1967
Abb.: Niki de Saint Phalle im Stedelijk Museum, 1967 (Grundlagenfoto: Wikimedia Commons, Jack de Nijs für Anefo, CC0)

Lesezeit: ca. 7 min

Warum tun Menschen Dinge?
„Lustige Frage!“, vermeint der Autor derselben quasi aus den Off zu hören, noch bevor er irgendwelche spekulativen Erwiderungen auf sein sprichwörtliches, digitales Papier gebracht hat.
Natürlich kann dieses so formulierte Wissensbegehr weder erschöpfend und schon gar nicht abschließend befriedigt werden. Aber es gibt natürlich einen bisher nicht enthüllten Hintergrund, der diese Exploration begründet.
Schränken wir dieses Forschen mal ein, indem wir den Rahmen scheinbar über Gebühr erweitern: Warum leben Menschen ihr Leben so, wie sie es leben?

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Giard Turm und Hudson River der Sing Sing Haftanstalt, New York/USA

Sing Sing

Gedanken zu einem Sneak-Preview-Film

Giard Turm und Hudson River der Sing Sing Haftanstalt, New York/USA
Wachturm der Sing Sing Haftanstalt am Hudson River , New York/USA (Originalfoto: WMC, User Acroterion, CC BY-SA 4.0, nachbearbeitet SAB)

Lesezeit: ca. 7 min

Es ist schon ein wenig länger her, dass ich einen abendfüllenden Spielfilm anschaute, der mich zu Tränen gerührt hat. Gestern war es wieder einmal soweit. Nach einem geradezu horrorfilm-geschwängerten Sneak-Preview-Jahr 2024 ist meine Erwartung – ja, trotz allem bringe auch ich diese immer mehr oder weniger mit in die entsprechenden Vorstellungen – an das cineastische Geschehen der Montagabende deutlich verhaltener, gedämpfter, zurückhaltender. Erst der vorherige solche Termin eine Woche zuvor endete für mich wieder einmal schon nach zehn Minuten. Filmgenres sind ja wie vieles andere auch Gott sein Dank Geschmackssache und ich habe irgendwann einmal beschlossen, mir meinen Kopf und mein Herz nicht mit Grausen und Blutorgien vollmüllen zu lassen.

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POMPEI 03|23

Un oggi è meglio di dieci domani.

Ein Amphorismus sozusagen… (Aquarell nach Foto von Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: ca. 20 min

Is’ bezahlt, muss jetzt auch gegessen werden. Was macht man mit einem Jahresticket in einer Woche? Richtig, man nutzt es aus! Aber abgesehen von diesem sehr vulgär-ökonomischen Impuls, trieb mich die Neugier und Freude immer wieder auf die circa zweiundachtzig Hektar große Fläche der antiken Stadt Pompeji. Nachdem ich mir beim ersten Besuch neben einigen, markanten Hightlights vor allem einen groben Überblick verschafft hatte, war mein Ansinnen im Weiteren vor allem, in den Geist dieser verschütteten Stadt und seiner ehemaligen Bewohner einzutauchen.

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POMPEI 02|23

La fretta e il bene, non stanno mai insieme.

Der Blick auf den erhabenen Vesuv (Aquarell nach Foto von Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: ca. 8 min + ca. 60 min Video

Neuer Tag, neue Stadt, neues Glück. Die Sonne scheint und das Thermometer zeigt schon um neun Uhr Freude verheißende achtzehn Grad Celsius an. Ein reichlich gefüllter Kühlschrank lockt mich mit seinem vielfältigen Angebot zu einem Frühstück. Interessanterweise unterscheidet sich der von mir am Vortage erworbene Inhalt nur unwesentlich von der üblicherweise zuhause vorfindbaren Produktauswahl. Irgendwann in der Vergangenheit habe ich von einer meiner Rom-Reisen das nahrhafte und nachgewiesenermaßen gesunde Spektrum an südeuropäischen Esswaren in den heimischen Haushalt importiert und dort fest etabliert. Seitdem gehört ein solider Querschnitt der fraglosen Standards der italienischen Küche fest zu meinem eigenen Nahrungsmittel-Repertoire.

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POMPEI 01|23

A volte anche la lingua non va d’accordo con i denti

La basilica cattedrale di Santa maria Annunziata (Aquarell nach Foto von Sarah A. Besic, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: ca. 8 min

Jene, welche in den vergangenen Jahren meine Reisen in den Süden des Kontinents verfolgt haben, wissen es: Sie beginnen in der Regel mit einem Flug. Selbiger nötigt mich tragischerweise immer wieder in diese vermaledeite Stadt in der nordöstlichen Sandbüchse der Republik, Ihr wisst das schon, das unaussprechliche B-Wort. Und eben weil die Dinge diesbezüglich keinen Hoffnungsschimmer zeitigen, keinen Trost bereithalten und keine Linderung erwarten lassen, umgehe ich es in tief empfundenen Mitgefühl für meine Mitmenschen, weitere Worte darüber zu verlieren.

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Gropiusstadtblick (Foto: Colin Smith, WMC, CC BY-SA 2.0)

Sonne und Beton

Gedanken zu einem Spielfilm

Gropiusstadtblick (Foto: Colin Smith, WMC, CC BY-SA 2.0)
Der Blick über den ehemaligen Grenzstreifen in Richtung Berlin-Gropiusstadt (Foto: Colin Smith, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0)

Lesezeit: ca. 10 min

„Warum keine normale Filmkritik?“, wird sich der Eine oder die Andere fragen. Sneak-Previews fordern diese Textgattung doch geradezu heraus. Und selbstverständlich werde ich im Zuge der folgenden Absätze etwas zur Entstehung, den Eckdaten und der Qualität dieses abendfüllenden Filmes zum Besten geben. Der spezielle Inhalt des Werkes, seine handelnden Personen und vor allem der Ort des Geschehens fordert jedoch viel mehr heraus, als das Abhaken einer Checkliste von Eigenschaften und dem Beschreiben eines Plots. Dazu ist diese tonunterlegte Bewegtbildschau viel zu berührend, viel zu verstörend, und, ja, viel zu überwältigend.

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ROM 05|21

De pulcritudine

Die Galleria Borghese (Aquarell von Sarah A. Besic, basierend auf: Krzysztof Golik, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: ca. 20 min

Insel der Seligen, Hort des Glanzvollen, Oase der Brillanz. Ein Ortsbeschreibung, die bestimmt auf viele Ecken in dieser faszinierenden Stadt zutreffen mag. Als das Äußere wie auch das Innere von Bauwerken oder deren betagten Fragmenten, als bildliche Zeugnisse künstlerischen Schaffens, flächig oder räumlich realisiert, oder als weihevolle Hinterlassenschaften besonderer Ereignisse oder Menschen, von winzig klein bis übermächtig groß, begegnet einem in dieser geschichtsträchtigen Stadt unaufzählbar Vieles, was ein der Anmut und Grazie zugängliches Herz höher schlagen lässt oder einen kunsthistorisch interessierten Geist anzuregen vermag. Aber wie aus diesen Worten schon hervorgeht: Diese Aufforderung zur Aneignung von Welt ist ein Prozess, an dessen einem Ende etwas Objekthaftes darauf wartet, wahrgenommen zu werden, während am gegenteiligen Pol ein Jemand dieses Tun veranlassen und zumindest eine Weile aufrecht erhalten muss.

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